RU 20/2009 - GEORGIEN (KAUKASUS)
- GEORGIEN: Dieses Foto wurde am Freitag, dem 15. Mai um Mitternacht
auf der Avenue Rustaveli von Tbilissi, der Hauptstadt von Georgien (Kaukasus),
aufgenommen. Man sieht darauf nummerierte Zellen, die in der Mitte der Avenue
über ihre ganze Länge errichtet wurden, in welchen ein Grossteil der
politischen Opponenten auf einfachen Pritschen seit einem Monat als Zeichen des
Protestes übernachtet. Vor Ort zählten wir ungefähr 300 Zellen, für
möglicherweise 800 Leute. Diese „Zelte“ machen jeglichen Autoverkehr im
Stadtzentrum unmöglich. Die ganze Avenue, welche die Stadt von Ost nach West
durchkreuzt und wo das Parlament, aber auch das amerikanische Hotel Mariott und
andere prestigevolle Gebäude stehen, wandelt sich tagsüber in einen riesigen
Sammelplatz der Opposition, d.h. eines sehr variierten - und sogar
zerstrittenen - Konglomerats von 14 Parteien, welche die Abdankung des
Präsidenten Saakachvili, kurz „Micha“ (Michel) genannt, fordern.
Man erinnert sich daran, dass Saakachvili Ende 2003 durch die „Revolution
der Rosen“ Präsident wurde und im Oktober 2008 für eine 2. Legislatur von 5
Jahren, also theoretisch bis zum Jahre 2013, „wiedergewählt“ wurde. Aber die
Rosen verblassten, und die meisten Georgier lieben ihren Präsidenten nicht
mehr, insbesondere seit dem Mini-Krieg mit den Russen vom August 2008, als
Saakachvili versuchte, gewaltsam eine der zwei Sezessionsprovinzen
zurückzugewinnen, d.h. Süd-Ossetien, mit dem Ergebnis, das jeder kennt: die
Russen stürmten wie zur guten alten Zeit mit ihren Panzern heran, um diese
Mini-Provinz von kaum 100.000 Einwohnern (so viele wie die Stadt von Argenteuil
nahe Paris) zu verteidigen. Sie profitierte von der Situation, um barbarische
Einfälle in den Rest Georgiens vorzunehmen , wobei es zwar zu keinen
militärischen Kämpfen kam, wohl aber zum Abbrennen von Kasernen der georgischen
Armee und besonders zur Verheerung und Ausraubung mehrerer Städte und Dörfer
auf dem Land.
Nach diesem seltsamen Krieg einer Woche erklärte Süd-Ossetien seine
Unabhängigkeit, worauf diese von nur zwei Ländern anerkannt wurde: von Russland
und - Nikaragua. Die Situation ist folglich schlimmer geworden als sie vor dem
Krieg war, und das ist es genau, was die Georgier ihrem Präsidenten nicht
verzeihen. Der Präsident verbarrikadiert sich in seinem triumphalen neuen
Präsidentenpalast, ohne echten Dialog mit dem, was man nunmehr den Aufstand der
Straße nennen muss.
Der orthodoxe Patriarch von Georgien, Ilja II, griff ein, wie er es bereits
während des Krieges im August 2008 getan hatte. Er rief zu friedvollem Dialog
auf, anstatt sich gegenseitig auf der Strasse anzugreifen (bei der Kundgebung
vom 6. Mai - 20.000 Teilnehmer – gab es 28 Verletzte, davon 6 Polizisten). Auch
wirft die Opposition dem jungen Saakachvili, der heute 41 Jahre alt ist, vor,
dass er seine Jacke umgedreht habe und dass er, der Held der Antikorruption von
2003, nunmehr selbst korrumpiert sei. Wie es auch sei, die Auseinandersetzung
ist noch keineswegs für die Opposition auf der Straße gewonnen, zudem sie von
diametral entgegengesetzten Horizonten herstammt und gegensätzliche Lösungen
der Krise empfiehlt. Wahr ist, dass die Opposition bedeutende Persönlichkeiten
wie Herrn Irakly Alasania, Botschafter Georgiens bei der UNO bis 2008, und Frau
Nino Bourdjanadze, ehemalige Präsidentin des georgischen Parlaments, umfasst,
ohne Salome Zourabichvili, ehemalige Botschafterin Frankreichs in Georgien und
dann Außenministerin unter Saakachvili, zu vergessen. Ohne Zweifel hat Russland
auch seine Hand in diesem Konflikt, da es mit sehr großem Unbehagen die
Annäherung Georgiens (und Armeniens) heute an die NATO, und morgen an die
Europäische Union beobachtet, ganz abgesehen von den Mini-Manövern der NATO in
Georgien - unter Teilnahme von Soldaten aus 13 Ländern - während dieses Monats
Mai.
Wie wird der Ausgang dieses Konflikts sein? Man kann nur das Beste für
dieses Land erhoffen, das - nach Armenien - das 2. Land der Geschichte war,
welches um das Jahr 330 den christlichen Glauben nach Predigt durch die Heilige
Nino auf Staatsebene angenommen hat. Diese zwei Länder stellen die christliche
Frontspitze in einer völlig islamisierten Region dar, und diese Position halten
sie mutig seit über tausend Jahren. Stellen wir uns nur einmal einen Augenblick
lang die Konsequenzen so vieler Zellen, wie sie seit einem Monat in Tbilissi
stehen um „Micha“ zu verjagen, über die gesamte Länge der Champs Elysees in
Paris vor, um unseren kleinen Nicolas zu vertreiben! Der Patriarch Ilja II wies
vor kurzem seine Georgianer an, die alte Monarchie der Bagratiden wieder
einzusetzen, die seiner Meinung nach allein fähig sei, die Herausforderungen
der heutigen Zeit, die so offensichtlich die Kapazitäten der sogenannten Demokratie
– die selbst zutiefst verdorben ist - übersteigen, zu meistern im Stande sei.
Welch einen Donnerschlag aus dem Osten würde dies bedeuten! Lux ex
Oriente ? - (ru)
- - O.A.M.D.G. - -
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